Die bayerisch-böhmische Grenze bis 1945
Die bayerisch-böhmisch-österreichische Grenze war jahrhundertelang eine offene Zollgrenze. Sie konnte in beide Richtungen problemlos überschritten werden, was die Herausbildung grenzüberschreitender Strukturen begünstigte. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts spitzte sich der sogenannte "Volkstumskampf" für die Deutschen in Böhmen zu, Staatsgrenze und Sprachgrenze traten in Konkurrenz zueinander. Nach 1918 nahmen die Deutschen den Saum zum tschechischen Innerböhmen als Volksgrenze war, die es gegen eindringende Tschechen zu schützen galt. Das ethnische Prinzip gewann die Oberhand und entzog der Staatsgrenze die Legitimation. Das Sudetenland wurde zu einer Art Pufferzone zwischen Deutschland und Innerböhmen, seine Bewohner sahen sich weder als Reichsdeutsche noch als Tschechen an, sondern als Deutsche in Böhmen mit Recht auf Selbstbestimmung.
Seit 1933 wurde die "Bayerischen Ostmark" als "antitschechisches Bollwerk" anderen Landesteilen gegenüber bewußt politisch und wirtschaftlich bevorzugt. Die Förderung von Kultur, Wirtschaft, Tourismus und Infrastruktur - die heutige Bundesstraße B 85 von Bayreuth nach Passau ist als "Ostmarkstraße" ein Relikt aus jener Zeit - sollten das bedrohte Grenzgebiet stärken, das sich aufgrund der Weltwirtschaftskrise in einer Notsituation befand.
Während der Angliederung der deutsch besiedelten Gebiete von 1938/39 bis 1945 existierte die Staatsgrenze nicht. In der zeitgenössischen volkskundlichen Literatur, aber auch in wissenschaftlich-geographischen Schriften wird sie stark ideologisch gefärbt als unnatürliche Grenze beschrieben, die gleiche Volksgruppen trennt. Und sogar die Kelten wurden zur Legitimation der Behauptung bemüht, "dass von einer tieferen Bedeutung und Auswirkung der Staatsgrenze in völkischer und kultureller Hinsicht keine Rede sein kann".