Lebensräume an Fels- und Gestein

Der Bayerische Wald liegt am Südwestabfall der "Böhmischen Masse", einem weitläufigen Mittelgebirgskomplex, der im Osten weit nach Böhmen, im Süden nach Österreich hineinreicht. Das Grundgestein aus Graniten und Gneisen zählt zum ältesten "Urgestein" der Erde! Die Auffaltung aus dem Erdmittelalter zum "Grenzkamm" setzt sich langgestreckt bis in Oberpfälzer Wald, Fichtelgebirge, Erzgebirge und Harz fort ("Variszische Gebirgskette").
In der außerordentlich wechselhaften Landschaftsgeschichte wirkten sowohl tropische Hitze als auch eiszeitlicher Frost ein, und zermürbten den kompakten Fels bis tief im Untergrund. Durch allmählichen Abtrag der abgewitterten Böden, speziell durch wiederholtes Abschmelzen während der Eiszeiten, traten an Graten und Kuppen sowie den sonnenexponierten Steilhängen die nackten Felsen zu Tage. Als "Blockmeere" bilden sie heute auffällige Lichtungen im Hochlagenwald, als waldüberragende Gipfelfelsen sind sie beliebte Aussichtspunkte für Wanderer und als Steilwände wirken sie als wichtige Lebensräume für die "Felsbrüter" unter den Vögeln.


Blockböden
Durch Tiefenverwitterung im Erdmittelalter gespalten, durch Bodenabtrag in den Eiszeiten freigelegt, wirken die grobkantigen Felsblöcke heute wie wirr gelagert. In Spalten und Ritzen sammelt sich nur spärlicher Humus. Da Wasser in große Tiefen abfließt, gedeihen hier vor allem trockenresistente Pflanzen - selbst in den niederschlagsreichen Hochlagen.
Wegen der ganzjährig niederen Temperaturen in tiefen Klüften konnten einige Tierarten in diesem Extrembiotop seit der eiszeitlichen Besiedlung überleben (z.B. Spinnen)!

Artenausstattung der offenen Blockböden
Vegetation: Flechten, Preiselbeere; auch Vogelbeere, Latschen
Tierwelt: Spinnen, Kreuzotter, Gartenschläfer, Hausrotschwanz, Hermelin, auch Haselhuhn.

Massiv-Fels
In exponierten Gipfellagen und an Graten, in steilabfallenden Karwänden und an sonnigen Steilhängen sowie am Prallhang größerer Bergbäche wurden z.T. massive Felsformationen freigelegt. Nur wenige überragen die Waldbäume an Höhe. Die Felsbildungen zeigen typischerweise rund-geschliffene Formen mit tiefeingeschnittenen Furchen und Spalten - als Zeugen der jahrtausende währenden Verwitterung (sogenannte "Wollsack-Verwitterung"). Hier können sich Waldstreu, Flechten und Moose ansammeln, ein oft nur dürftiges Wurzelbett für Vogelbeerbäumchen und Krüppelfichten. Hier können auch Wildtiere geeigneten Unterschlupf finden, wie Fledermäuse in engen Spalten, Wanderfalke oder Uhu in breiten Nischen oder der Luchs unter überhängenden Vorsprüngen.

Die hohe Attraktivität solcher Felsen als Rast- und Aussichtspunkte für Wanderer oder gar Kletterer kann bei dem beschränkten Angebot geeigneter Felsbildungen zu massiven Konflikten mit dem Lebensraumbedarf der Tierwelt führen!

Artenausstattung exponierter Felsbildungen
Vegetation: Flechten, auch Lebermoose, Heidelbeeren, Preiselbeeren, Heidekraut
Alpenheckenrose, Vogelbeere, Fichte; auch Latschen, Kiefern
Tierwelt: Alpenbraunelle, Wanderfalke, Uhu, Kolkrabe, Hausrotschwanz, Grauspecht; auch Auerhuhn; Luchs.