Bergfichtenwald

Von Fichten beherrschter Wald der Hoch- und Kammlagen, mit an hohe Schneedecke und mehrmonatige Winter angepaßten Fichten-Typen (z.B. "Spitzfichte"). Ein zu Extremen neigendes Klima - mit Spät- und Bodenfrost sowie gewaltigen Schneemassen - schränkt die Artenausstattung des Hochlagen-Fichtenwaldes deutlich ein. Bergahorn und Vogelbeere sind nur vereinzelt eingesprengt; im Randbereich zu Mooren kommen auch Birken und Latschen vor.
Prägend sind weite "Teppiche" aus Bergreithgras, Drahtschmiele und Bergfrauenfarn; dazwischen eingebettet teils üppige Vorkommen der Heidelbeere.
Nach Pollenanalysen geht der Bergfichtenwald - ohne Unterbrechung - auf die nacheiszeitliche Bewaldung des Mittelgebirges zurück, und repräsentiert somit ein bemerkenswertes Relikt mitteleuropäischer Waldgeschichte!
Hoher Graswuchs, geringe Lufttemperaturen im Schatten des Altbestandes und ungünstige Wuchsbedingungen in bodenkalter Nadelstreu lassen eine nur sehr spärliche Verjüngung zu. Auf dem Moderholz gestürzter Bäume und auf sonnendurchwärmten Lichtungen ist der Fichten-Jungwuchs hingegen begünstigt.
Entsprechend dem langsamen Wachstum wirken die Fichtenbestände gleichförmig-monoton, z.T. geradezu gleichaltrig. Tatsächlich läßt sich aber eine Altersspanne von bis zu 150 Jahren nachweisen.
Eingesprengte Felskuppen und Moore bereichern den Lebensraum, der das wichtigste Rückzugsgebiet für das Auerhuhn stellt, und auch als Brunfteinstand des Rothirsch im Herbst Bedeutung hat. Weite Teile des Hochlagenwaldes wurden z.T. bis Mitte des 20. Jahrhunderts zur Waldweide mit Rindern genutzt.

Artenausstattung im Bergfichtenwald
Vegetation: Siebenstern, Bergsoldanelle, Pannonischer Enzian, Eisenhut; reicher Flechtenbehang,
Fichte, Vogelbeere, Bergahorn; auch Moorbirke.
Tierwelt: Auerhuhn, Sperlingskauz, Dreizehenspecht, Ringdrossel, Gartenrotschwanz, Rothirsch; Waldameisen.

Krummholz
Eher strauch- als baumförmig wachsen "kriechende" Kiefern noch in extremen Lagen, wohin ihnen aufrecht wachsende Bäume im allgemeinen nicht mehr folgen können. Auch als "Legföhren" oder "Latschen" bekannt, sind solche Krüppelkiefern vor allem als Anpassungsform an besondere Schneelasten zu verstehen. Ihr Holz ist hochelastisch und biegsam; bei Knickung oder Bruch können Ersatztriebe gebildet werden. Gleichzeitig stellt Krummholz keine Ansprüche an den Boden, weshalb es auch auf Moorböden, Schuttkegel und den spärlichen Rohhumus der Ritzen in Blockböden vordringen kann.
Das Krummholz wird im Bayerischen Wald von zwei Kiefernarten mit unterschiedlichem Wuchstyp gebildet: den meist "kriechend"-flachen Latschen und den meist aufrecht wachsenden Spirken: Latschenbestände sind im Mittelgebirge selten großflächig ausgebildet, meist auf offene Moore und Felsgebiete höherer Lagen beschränkt, haben aber eine besondere Bedeutung als Lebensraum und Nahrungsressource für Birkenzeisig, Tannenhäher, Fichtenkreuzschnabel, Birk- und Auerhuhn. Für die Moore der Talauen sind hingegen die Spirken prägend, die 4-6m hohe Dickichte formen können. Solche Spirken-Hochmoore zählen zu den für den Naturschutz wertvollsten Landschaftselementen des Inneren Bayerischen Wald. Im Randbereich der Hochmoore und auf Niedermoor-Böden können Spirken auch mit Waldkiefern, Fichten und Birken eine schüttere Moorwald-Vergesellschaftung eingehen.

Wald-Erneuerung
Obwohl "Bäume nicht in den Himmel wachsen", können Wälder doch urewig-alt werden. Die Kontinuität der Waldbestände kann durch laufenden Ersatz überalteter, gestürzter oder sonstwie abgestorbener Einzelbäume gesichert werden: Stürzt ein Baum, entsteht eine Lücke im Kronendach, die umso größer ist, je älter bzw. breitkroniger der Baum war. Kommt durch diese Baumsturz-Lücke ausreichend Licht bis zum Waldboden, kann es den dort wartenden Jungbäumchen gelingen, in dem nur kurzzeitig gewährten "Lichtschacht" hochzuwachsen - und die Lücke wieder zu schließen.
Auffälliger ist ein Generationswechsel auf großer Fläche, wie er durch meist "katastrophale" Ereignisse initiiert wird: Durch Schneebruch oder Sturm, durch Lawinenabgang oder Hochwasser, durch Bergrutsch oder Waldbrand können ganze Baumbestände zerstört werden. Im Sonnenlicht der gewaltsam entstandenen "Katastrophenfläche" siedeln zunächst Hochstauden und Pionier-Baumarten, zwischen denen sich eine neue Waldgeneration etablieren kann. Derartig großflächige Bestandszusammenbrüche können auch durch die Massenvermehrung von "Schädlingen", wie schmarotzenden Pilzen oder Insekten (z.B. Borkenkäfer, Gespinnstblattwespe, Nonne) ausgelöst werden.

Pionierwald
Freiflächen, wie sie z.B. durch Katastrophen aufbrechen können, bieten völlig andere Lebensbedingungen als ein geschlossener Wald. Luft, Licht und Wärme durch Besonnung ermöglichen den Erstbesiedlern (= Pioniere) - zusammen mit einer reichen Nähstoffversorgung aus der angesammelten Bodenstreu - ein üppiges Wachstum. Typischerweise sind es rasch wachsende aber relativ kurzlebige Pflanzen, wie die sogenannten "Hochstauden" (wie Himbeere, Weidenröschen, Alpenmilchlattich), die Sträucher (wie Hirschholunder, Faulbaum, Weidenarten) und anspruchslose Pionier-Bäume (wie Birke, Erle, Aspe, Vogelbeere, Weidenarten). Im Halbschatten dieses "Vorwuchses" finden die Jungbäume der nächsten Waldgeneration ausreichend Schutz vor zu starker Besonnung, vor Trocknis und Frost.

Artenausstattung im Pionierwald
Hochstauden: Erdbeere, Himbeere, Heidelbeere; auch Brombeere
Weidenröschen, Seggen, Gräser, Farne, Bärlapp, Moose
Büsche, Bäume: Hirschholunder; auch Alpenheckenrose, Schwarze Heckenkirsche, Faulbaum
Birke, Erle, Weidenarten, Vogelbeere; auch Fichte
Tierwelt: Birkenzeisig, Erlenzeisig, Haselhuhn
Wald- und Zwergspitzmaus, Erdmaus, Rötelmaus, Hermelin, Kreuzotter, Blindschleiche, Waldeidechse
Waldohreule, Habichtskauz, Mäusebussard.

Birken
Raschwüchsige Baumarten mit Pioniercharakter; beschränkt auf gut belichtete Waldränder, Waldlichtungen bzw. "Katastrophenflächen" (= Sandbirke); auch Moore und stark verlichtete Baumbestände im Waldmoor (= Moorbirke).
Unzählige kleine Samen werden aus frei-hängenden "Kätzchen" ausgestreut und mit dem Wind über z.T. weite Strecken verbreitet. Die auffällig weiße Borke wird als Überhitzungsschutz bei starker Besonnung gedeutet.
Laub bitter, von Pflanzenfressern meist verschmäht. Blütenkätzchen mit hohem Eiweißgehalt, vom Haselhuhn als Frühjahrsnahrung bevorzugt. Baumsaft wird von Spechten durch "Ringeln" abgezapft und von diversen Insekten abgeleckt. Holz toter Birken von zahlreichen, z.T. seltenen Totholz-Käfern genutzt.
Lebenserwartung bis 100 Jahre, meist kürzer.

Vogelbeere / Eberesche
Raschwüchsige Baumart, die bei der Besiedlung frischer Freiflächen Pioniercharakter zeigt, gleichzeitig im Halbschatten alter Wälder jahrzehntelang in Warteposition ausharren, letztlich sich sogar als "Mischbaumart" in Altbeständen einnischen kann.
Namengebend sind die auffälligen großen Frucht-Dolden, deren kräftig zinnoberrote bis ziegelrote Farbe vor allem Drosselvögel anlockt, durch die die Samen über große Strecken verbreitet werden können. Sehr widerstands- und regenerationsfähig, selbst nach Schneebruch, Mäuse- oder Wildverbiß, jedoch konkurrenzschwach gegenüber stark beschattenden Bäumen.
Knospen und Laub von allen Pflanzenfressern gerne genommen, auch von Auer- und Haselhuhn. Früchte wichtige Ressource für Vögel am herbstlichen Durchzug und für Baummarder.
Lebenserwartung bis 150 Jahre, meist kürzer.