Schwammlandschaft statt Auslaufmodell

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Veranstaltung im Rahmen des Landschaftspflegeforums Freyung-Grafenau

Am Mittwoch, 04.10. widmete sich im SmartesLand Zentrum in Ringelai das Landschaftspflegeforum des Naturparks Bayerischer Wald, des BUND-Projekts „Quervernetzung Grünes Band“ und der ILE Ilzer Land den Themen Wasser und Verringerung von Bodenerosion. Eins war klar: Die einfach zu realisierende, große Lösung gibt es beim Thema „Wasserrückhalt in der Landschaft“ nicht. Zu vielschichtig sind die Einzelfälle, zu groß die Problemstellungen, die sich aus Flurbereinigung und gesteigerten Ansprüchen an die Leistungen unserer Landschaft ergeben haben. Doch durch die Impulsreferate und die begleitende Diskussion wurde klar, dass es die vielen kleinen Stellschrauben sind, die jeder Einzelne in seinem Wirkungskreis bedienen und ein Teil der Lösung werden kann - angefangen vom Landwirt, über kommunale Planer bis hin zum Wegebauingenieur.

Eingangs berichtete Marco Denic, Projektmanager des Flussperlmuschel-Artenschutzprojekts „MARA“, davon, wie sich Abflussraten, Erosionsvorgänge und der Gewässergrund zu Ungunsten von Fischen, Muscheln, Krebsen und anderen Organismen verändert haben. Hauptgründe seien dabei nicht mehr nur bei schädlichen Einleitungen zu suchen, wenngleich diese selbstverständlich auch heute noch vorkommen, sondern zunehmend in der Verstärkung der Abflussschwankungen und dem Eintrag von Feinsediment.

Daran knüpfte Maximilian Frank vom Amt für ländliche Entwicklung Niederbayern an und stellte die Initiative „boden:ständig“ vor. Dabei zeigte Frank auf, dass im Durchschnitt von Bayern die erosiven Regenereignisse in vergangenen 50 Jahren um über die Hälfte zugenommen haben. Aufgrund der zunehmenden Unausgewogenheit der Niederschläge, explizit durch wochenlange Trockenheit gefolgt von Starkregenereignissen nimmt die Erosionsgefahr zu. Gleichzeitig steigen die Temperaturen und Verdunstungsraten stark an. Ein „weiter wie bisher“ scheint auch für die Landwirtschaft im Bayerischen Wald kaum mehr möglich. Doch nicht nur für die Landwirte bringt das Schwierigkeiten mit sich. Fließen bei kurzen, aber heftigen Schauern große Wassermassen oberflächlich ab, sind die Gräben und Bäche rasch an ihren Grenzen und es kann in nachgelagerten Siedlungen und der Infastruktur zu Überschwemmungen kommen. Solche Ereignisse werden oft auch durch die Wegseitengräben des land- und forstwirtschaftlichen Wegenetzes verstärkt. Zudem verursacht das Entfernen der infolge der Starkregenereignisse abgelagerten Mengen hochwertigen Ackerbodens immer wiederkehrende Kosten.
Darüber, wie sich der wertvolle Boden vor Erosion schützen und gleichzeitig Schäden durch Hochwasserereignisse vermindern lassen, wird über die Initiative „boden:ständig“ Beratung angeboten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch die Erstellung von Schutzkonzepten für betroffene Gebiete finanziert werden. Die darin empfohlenen Umsetzungsmaßnahmen können dann über die Ämter für Landwirtschaft und Forsten, die Wasserwirtschaftsämter, die Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinie oder im Rahmen privater bzw. kommunaler Trägerschaften gefördert werden. Doch viele der Lösungsansätze brauchen eine breite Kooperation, viel Engagement und vor allem auch Geld, da waren sich alle einig.

Umso erfreulicher waren daher auch die Beispiele und Anregungen aus dem Teilnehmerkreis. So berichtete Max König, Bürgermeister der Gemeinde Saldenburg im Ilzer Land, wie dort durch mehrere kleinere Sandfänge, die in regelmäßigem Abstand aber mit geringem Aufwand wieder ertüchtigt werden, komplizierteren, teuren Maßnahmen vorgebeugt wird. Auch Tobias Windmaißer, Projektmanager im Projekt „Quervernetzung Grünes Band“ und Mitveranstalter des Landschaftspflegeforums, berichtete, wie im Rahmen der Landschaftspflege oder des Biotopschutzes, viele kleinere und größere Maßnahmen umgesetzt werden können beziehungsweise bereits umgesetzt wurden, welche sich nicht nur positiv auf die Artenvielfalt sondern auch auf den Wasserhaushalt auswirken. Als Beispiele führte Windmaißer die Reaktivierung verfallener Teiche, die Neuanlage von Tümpeln, die Offenlegung von Drainagen oder die Wiederinbetriebnahme historischer Wiesenwässergräben auf. Auch Moorrenaturierungen dienten zwar primär dem Klima- und Artenschutz, bewirken aber gleichzeitig einen Wasserrückhalt in der Landschaft und tragen zu einem feuchteren Mikro- und Lokalklima bei. Hinsichtlich der Verringerung der Erosionsanfälligkeit auf Äckern brächte der Anbau mehrjähriger Blühmischungen, wie dem Veitshöchheimer Hanfmix anstelle von Energiemais, erhebliche Vorteile durch verstärkten Humusaufbau und verbesserter Aufnahme von Niederschlagswasser mit sich. Der Anbau ist mittlerweile auch über das KULAP förderfähig. Auch die Anlage von Hecken, Lesesteinstrukturen oder Brachestreifen bremsen die Erosion. Frank zeigte in seinem Vortrag schließlich noch auf, dass insbesondere angepasste Bewirtschaftungsmaßnahmen einen enormen Effekt auf den Wasserrückhalt in den landwirtschaftlichen Nutzflächen haben können. Gerade in Zeiten des Wandels würde dieses Wasser dringend für die Sicherheit der landwirtschaftlichen Produktion gebraucht. Nur durch die Kombination der unterschiedlichen, dargestellten Wege kann erreicht werden, dass die Landschaft das Wasser wieder wie ein Schwamm aufnimmt und dieses in Trockenzeiten zur Verfügung steht.

Früher galt die Devise, Wasser möglichst schnell und effektiv aus den Flächen und in die Bäche abzuleiten. „Da wurde die Landschaft als Auslaufmodell gestaltet“, wie es Maximilian Frank mit plakativen Worten zusammenfasste. Dies entpuppt sich heute als fatal, und so bedarf es umso mehr eines gesteigerten Bewusstseins und eines gemeinsamen Engagements aller Beteiligten, damit Schritt für Schritt – im Großen, vor allem aber auch im Kleinen – zukunftsträchtige Wege eingeschlagen werden.

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